Hauptstraße 36
Dieses Fachwerkhaus wurde 1720 in Erlenbach in der Haynaer Str. bei Kandel als Wohnhaus einer landwirtschaftliche Hofanlage errichtet, später als Gasthaus und Herberge genutzt. Nach dem Niedergang der Gastwirtschaft in Erlenbach* gelangte das Wohnhaus nach Winden, wohl 1797, denn diese Jahreszahl ist am Kellerabgang zu lesen. Solche „Umsiedlungen“ waren seinerzeit durchaus üblich.
Die weitere Geschichte findet sich in einer der zwei Zierrauten der Vorderfront. Dort lautet die Inschrift: „Dieses Haus ist mit der Hilfe Gottes erbaut 1855 von Jakob Schloß und dessen Frau Katharina geb. Nuß“.
Auch in Winden diente das Haus später als Gastwirtschaft mit Tanzsaal, wovon die eisernen Ringe zur Befestigung von Pferden an den Balken der Vorderfront zeugen.
Die heutigen Besitzer ließen die baulichen Änderungen, die nicht dem historischen Bild entsprachen, entfernen und versahen das Fachwerkhaus mit typischen Sprossenfenstern. Besondere Beachtung verdient das Zierfachwerk in den Fensterbrüstungen des Obergeschosses.
* Folgende Geschichte soll sich zugetragen haben, als das Haus noch in Erlenbach stand, also vor 1797. Dort wurde es als Wirtshaus, Herberge, Schnapsbrennerei und Küferei betrieben.
In dieser Herberge soll damals ein Geldverleiher und Grundstücksmakler jüdischer Abstammung aus Mannheim oder Frankfurt auf seinen Geschäftsreisen übernachtet haben, Holzmännel genannt. Mit einer schwarzen Ledertasche, die gefüllt war mit Geld- und Schuldscheinen sowie Erklärungen, ausgestellt auch auf Erlenbacher Bürgern, soll er zuletzt an einem Abend in Begleitung seines schwarzen Hundes im Wirtshaus gewesen und dann unauffindbar gewesen sein. Am nächsten Tag sei unweit von Erlenbach aber der leichte Zweispänner mit vorgespanntem Pferd gefunden worden, jedoch habe vom Holzmännel, seinem Hund und der Geldtasche jede Spur gefehlt. Vermutlich hatte niemand Interesse am Auffinden der Zahlungsforderungen und Schuldscheine. Das Holzmännel blieb also verschollen.
Schnell entstanden Gerüchte über den Verbleib des Geldverleihers, welche in der Dorfbevölkerung offenbar mehr Aufmerksamkeit erlangten. Demnach wurde das Verschwinden des Holzmännels nun Gespenstern zugeschrieben. Angeblich erloschen im Flur der Herberge aufgehängte Öllämpchen von Geisterhand, sobald sie entzündet worden waren und unter der Treppe wollten junge Burschen auf dem Weg zum Tanzboden der Gastwirtschaft einen schwarzen Hund gesehen haben, nämlich den des verschollenen Holzmännels.
Auch nachdem der Besitzer in Armut verstorben war, nahm der Aberglauben kein Ende. Noch die Enkel des einstigen Wirts wollten das Holzmännel mal auf einem Futtertrog, dann im Stall oder in der Scheune gesehen haben. Jahre später verließen die Erben den verwunschenen Hof in Erlenbach. Doch der Spuk nahm kein Ende. Überall wollte man den verschollenen Mann gesehen oder gehört haben. Aufgeklärt wurde das Verschwinden jedoch nie.
Niemand im Dorf hatte Interesse, das Gehöft zu kaufen und so verfiel es mit der Zeit. Schließlich wurde es in einzelnen Teilen zum Abriss verkauft und so gelangte das Wohnhaus nach Winden, wo es heute als eines der denkmalgeschützten Gebäude die Hauptstr. schmückt.